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Shindo Laboratory Monbrison II, Cortese F2a

Text von: Roland Kraft

Was ist „Shindo-Klang“? Warum sind Ken Shindos Verstärker immer grün? Und warum kommt man davon nicht wieder los?

Es ist schon was dran an dem, was Eingeweihte so erzählen. Man käme, so stolze Shindo-Besitzer, einfach nicht mehr davon weg. Man würde sich sogar richtig schwer damit tun, anderes je wieder in Erwägung zu ziehen. Und es sei, wird getuschelt, einfach wie verhext: Niemand wäre bis dato fähig gewesen, diese Shindo-Verstärker irgendwie verbessernd zu modifizieren oder sie gar zu kopieren. Mutige Versuche, einfach nur einen vermeintlichen Uralt-Kondensator gegen an sich hoch beleumundete High-End-Ware zu wechseln, endeten stets mit einem klanglichen Fiasko. Und nicht selten würden Experimente mit Netzfiltern, angeblichen Edel-Strippen oder anderen Klangverbesserern einfach nur indifferent bis klar zum Schlechteren hin ausgehen.

Echte „Shindoisten“ können über solche Versuche einfach nur müde grinsen. Wissen sie doch genau: Hier gelten andere Regeln. Beispielsweise die, sich übliche Kabel, übliche Spikes, übliche Röhren und einige andere übliche kleine audiophile Helferlein einfach aus dem Kopf zu schlagen. Bei Shindo ist schlicht fast alles ganz anders. Auch der Klang. Sich selbst als Shindo-Fan zu outen, ist aber nicht ohne Risiko, zumal wenn man sich beruflich – wie der Autor dieser Zeilen – auch noch mit anderem und mit ganz anderem HiFi-Equipment herumschlagen muss. Oh, sorry: gerne herumschlägt. Entschuldigung. Eben kamen Sie gleich mal in den Genuss eines dieser Shindo-Effekte. Die erzeugen unter anderem beim Zuhörer die Tendenz, sich völlig entspannt, leicht blöd-happy grinsend und mit nichts mehr im Kopf außer der nächsten Schallplatte ins Sofa fallen zu lassen. Ein Effekt, der, wie Sie mir als HiFi-Fan sicher zustimmen werden, be­drohliche Auswirkungen auf den normalen Seelenzustand des HiFi-Konsumenten hat. Der vermisst auf einmal und völlig überraschend bei sich die latent vorhandene Tendenz zur Unzufriedenheit. Und zum Stellen von Fragen wie etwa: Hat das grün-gelbe, 3000 Euro teure Kabel mehr Bass als meines? Spielt die irgendwie rückwärts gebogene, schwarz hochglanzpolierte Box mit dem Diamant-Hochtöner räumlicher als meine vorwärts gebogene, rot hochglanzpolierte Box mit Titan-Mitteltöner? Oder: Könnte es sein, dass dieser 12500 Euro teure Tonabnehmer mit der Deckelplatte aus gebürstetem, gut abgelagertem Alt-Zahngold noch mehr De­tails als mein von allen Testmagazinen so hoch gelobter, tiefgefrorener Abtaster mit kreuzpolierter Nadel und 7N-Kupfer-Spule mit Feldorientierung herausholt?

Krankheit

Ach: Ihnen geht es so? Und Sie antworten auf ganz normale Fragen, etwa jene nach Ihrer großen, unwahrscheinlich teuren HiFi-Anlage schon mit Sätzen wie: „Man hört einen unerhört sauberen, fein ziselierten Bass, leuchtende Klangfarben und differenziert-druckvolle Mitten, wobei der virtuelle Raum noch größer, noch tiefer in einem offenkundig minimal größeren Studio …“ An dieser schwierigen Stelle versagt Ihnen dann gewöhnlich die Stimme den Dienst, Sie werden leiser und verlieren sich gerne in einem Gemurmel, bei dem nur noch ein­zelne Stellen wie etwa „Tiefton-Eruption“, „… in puncto Raumdarstellung …“, „spannungsgeladener Kontrast“ oder „explodierende Slap-Sounds“ verständlich sind, schließlich werden Sie ganz still und schauen ein bisschen hilfesuchend um sich. Ja? Ist es schon so weit? Au weia. Sie sind infiziert. Der High-End-Virus hat Sie fest in seinen Krallen.

Shindo Laboratory Cortese F2a und Shindo Laboratory Monbrison II

Kompakter Aufbau und „Fenster“ für zwei Röhren: Monbrison II

Das bedeutet leider auch, dass Sie, Ihrem sündteuren Equipment zum Trotz, niemals zufrieden sein werden. Ich meine jene satte, selbstbeweihräuchernde, völlig zweifelsfreie, zurücklehnerische Art von Zigarren-Zufriedenheit, die es einfach unmöglich machen würde, die einmal getätigte Anschaffung jemals in Frage zu stellen. Aha. Hab ich’s doch gewusst. Das heißt, dass Sie immer zweifeln? Am Klang? Und dass Sie immer nachdenken, ob es denn nicht doch noch ein klein wenig besser ginge? Dass Ihnen nachts Geräte durch den Kopf schwirren – schwarze, silberne, champagnerfarbene, verchromte oder hochglanzlackierte? Dass Sie von Kabelschachteln träumen, diesen runden Anmach-Klarsichtpackungen, in denen die Verhei­ßung in Form dicker, schuppig isolierter, goldplattierter und mit geheimnisvollen zusätzlichen Kästchen versehener Kabel auf Sie wartet? Und dass Sie der quälende Ge­danke beschäftigt, ihr Strom wäre nicht nur nicht sauber, sondern regelrecht verseucht, unregelmäßig, ja sogar irgendwie „kratzig“? Ganz abgesehen von dem fürchterlichen Verdacht, Ihr Tonabnehmer wäre nicht mit den richtigen 55 Ohm, sondern stattdessen mit vernichtend wirkenden 60 Ohm „abgeschlossen“? Und Sie haben – geben Sie es ruhig zu! – neulich erst einen Streit vom Zaun gebrochen, weil irgendein stocktauber Ignorant den Stecker ihres CD-Players aus der Netz­leiste gezogen hat, nur um den Staubsauger anzuschließen? Den Staubsauger!

Diagnose

Oh. Ganz ruhig. Gaaanz ruhig. Ist schon gut. Ich verstehe Sie doch. Besser, als Sie vielleicht denken. Mir ging es doch genauso. Damals. Alle Anzeichen waren vorhanden. Wenig Chance, sich entspannt vor die Anlage zu setzen. Dazu jenes unruhige Herumschnuppern in HiFi-Shops. Und erst die HiFi-Magazine: der neue Verstärker, jetzt 110 Klangpunkte. Das Nachfolgemodell der Box. Verlockend beschriebene Kabel. Schlagzeilen: „Spikes unter dem Plattenbeschwerer verbessern Klang.“ Beheizte Tellerlager. Holzverkleidete Kondensatoren. Und wissen Sie was? Als ich endlich selbst für HiFi-Hefte schreiben durfte, wurde es nicht besser. Im Gegenteil. Es wurde immer schlimmer. Viel schlimmer. Ist A besser als B? Hat diese Box mehr Mitten als jene? Klingt eine ECC83 räumlicher als eine ECC81? Sind Siberkabel „silbrig“ in den Höhen? Jetzt merken Sie schon, worauf ich hinauswill. Man muss sich erstmal eingestehen, dass es so weit ist. Sich klar machen, dass Hilfe nötig ist. Und man muss Hilfe aktiv suchen. Etwa bei jenen, die so komisch frohgemut Musik zu hören imstande sind. Die sich auf Vinyl-Börsen rumdrücken anstatt im HiFi-Laden. Man muss, um es rundheraus zu sagen, zufriedene HiFi-Freaks aufstöbern. Kein ganz leichtes Unterfangen.

Vorverstärker

Ken Shindos Geräte haben eines mit modernen Hightech-Chipgräbern gemeinsam: Was sich unter ein und demselben Namen unter den Deckeln verbirgt, hat womöglich schon nach zwei Jahren nicht mehr viel miteinander zu tun. Hier wie dort liegt das nicht nur an der Weiterentwicklung, sondern auch an der Verfügbarkeit der Baumaterialien. Hier wie dort sind die Vorräte an gewissen ICs oder an bestimmten NOS-Röhren oder NOS-Bauteilen irgendwann erschöpft. Unser Shindo-Vorverstärker heißt deshalb eigentlich Monbrison II und unterscheidet sich recht stark von seinem gleichnamigen Vorgänger. Obendrein sieht Nummer II auch ganz anders aus und steht für ebenfalls neue Gehäuse, die bei Shindo offenkundig eine andere Optik einleiten, die sich nach und nach durch das Programm fortsetzen wird. Deutlich schmäler als bisher, dafür ein gutes Stück höher und mit einer Art „Fenster“ versehen, gestattet der Monbrison II sogar einen kleinen Einblick in seine Innereien: Seine Line-Stufen zeigen ihre beiden Röhren quasi im Schaufenster – sogar illuminiert durch zwei hilfreiche, kleine grüne Leuchtdioden.

Dass echte Shindo-Fans genau jetzt die Stirn in Falten legen, ist klar. Will die Aktion mit den beleuchteten Röhren doch gar nicht zum bis dato sehr sachlich orientierten Design des Hauses passen. Meine Meinung dazu dürfen Sie gerne erfahren: Röhrenfans wollen Röhren sehen. Also kriegen sie Röhren gezeigt. Und genau das wird sich der Altmeister ebenfalls gedacht haben, nicht zuletzt mit Hintergedanken an den amerikanischen Markt, auf dem so etwas gut ankommt. Das mit den grünen LEDs ist freilich echt grenzwertig, mein lieber Shindo-San …

Womit wir beim Thema „grün“ wären. Die allerersten Shindo-Kreationen waren, so wird erzählt, silberfarben. Danach soll Braun gefolgt sein, um präziser zu sein: jenes frühe, gesprenkelte, metallisch wirkende Braun ur­alter Marantz-Geräte, ergänzt durch champagnerfarbene Frontplatten. In der darauf folgenden Schaffensperiode kam endlich das inzwischen berühmte „Shindo-Grün“, wahrscheinlich initiiert durch jenes Grün, mit dem die Körbe steinalter Altec-Treiber lackiert waren. Heutzutage ist das Shindo-Grün allerdings eine Spur dunkler als anfangs, wobei Lästermäuler behaupten, die Namensgebung der Geräte – sie symbolisiert die Liebe zu feinen französischen Weinen – stehe natürlich in Zusammenhang mit dem aktuellen flaschengrünen Lack. Geblieben ist es bei goldfarbenen Drehknöpfen, einer grünen Acrylfront und einem bewusst etwas antiquiert wirkenden Druckschalter mit – na was wohl? – grüner Kontrolllampe.

Methoden I

Monbrison II – im Folgenden nur Monbrison genannt – ist flexibel: MC- und MM-Eingang, völlig unüblich über einen rückseitigen Kippschalter wählbar. Ich höre schon die Pfui-Rufe aus dem audiophilen Hintergrund: Ein Schalter am Phono-Eingang! Katastrophal! Seltsamerweise ficht das den japanischen Röhrenguru nicht an. Der benutzt hinter den MC-Buchsen wie immer Übertrager und mal diese oder mal jene Röhre. Trioden und Pentoden wirbeln bei den Shindo-Geräten frohgemut durcheinander, womit wir bei einem weiteren unverwechselbaren Kennzeichen von Shindo sind: Er macht weder aus bestimmten Schaltungen noch aus bestimmten Röhrentypen eine Religion. Der Witz ist vielmehr: Er scheint erwiesenermaßen aus praktisch allem etwas Faszinierendes machen zu können. Aber sogar durchaus recht unterschiedliche Klangcharaktere bei seinen Geräten haben immer eines gemeinsam, nämlich das, was man inzwischen schon lange als den „Shindo-Klang“ bezeichnet. Sind doch praktisch alle Kompositionen dieses Röhren-Künstlers – wohlgemerkt auch alle alten, schon vor vielen Jahren gebaute Verstärker – imstande, die erwähnte große Zufriedenheit beim Zuhörer hervorzurufen. Die letztlich doch primitiven Besser-schlechter-Relationen spielen da wohl kaum noch eine Rolle. Und selbst der Kri­tikaster, der bei manchen älteren Kompo­nenten von Ken Shindo irgendwelche klang­lichen Defizite auf objektiver Ebene zu identifizieren glaubt, verliert diese dann beim Mu­sikhören erfahrungsgemäß völlig aus den Augen …

Methoden II

Obgleich kompakt, offenbart sich der Monbrison als recht komplexes Ding. Zwei Gleichrichterröhren vom Typ 6X4 bilden mithilfe insgesamt dreier unterschiedlicher Siebketten die Stromversorgung, beteiligt sind nicht nur ein hochmoderner Trafo und aktuell gefertigte Hochvolt-Elkos, sondern insgesamt auch drei Siebspulen. Wie schon zuvor in anderen Modellen scheut der Japaner vor dem Einsatz von Transistoren keineswegs zurück; einer davon werkelt im Netzteil mit, freilich nicht als Regler, sondern als probates Hilfsmittel gegen Störspannungen. Der zweite scheint sich um die Regelung aller Heiz-Gleichspannungen zu kümmern. Phonoverstärkung plus RIAA-Entzerrung geschehen im Teamwork mit bekannten Doppeltrioden; die Sektion aus einer 5751 und einer ECC82 ist für beide Kanäle also zweimal vorhanden und bezeugt eine schon etwas komplexere Technik, die sich pro Kanal auf vier anstatt lediglich auf zwei Triodensysteme stützt. Senkrecht eingebaute „Montageebenen“, die sowohl Röhren als auch Lötstützpunkte tragen, sparen viel Platz. Im Hinblick auf sein Baumaterial scheint Ken Shindo nun etwas „moderner“ geworden zu sein: Mit wenigen Ausnahmen sind Wi­derstände und Kondensatoren neuzeitlichen Typs. Wer ganz genau hinguckt, identifiziert nur noch hie und da einen alten Allan-Bradley-Kohlemassewiderstand oder historische Sprague-Kapazitäten. Geblieben ist es bei dem standesgemäßen gekapselten Cosmos-Poti, der fein ziselierten Freiverdrahtung – eine ungeheure Arbeit! – und einem satt laufenden Eingangswahlschalter.

Die geheimnisvolle Verbundröhre im Fenster der Monbrison enthält ein Trioden- und ein Pentodensystem

Gleich zwei dieser kleinen Gleichrichterröhren arbeiten im Netzteil des Vorverstärkers

Erfahrungsgemäß laufen die MC-Übertrager von Shindo am besten mit sehr niederohmigen MC-Abtastern. Dennoch: Ein Denon 103 fühlt sich hier ebenfalls wohl!

Sorry, sagt Ken Shindo, denn eines gibt es hier leider nicht: die Tape-Schleife

Platinen baut Ken Shindo nur in absoluten Ausnahmefällen ein, so etwa in seinen früheren Bausätzen. Die Cortese ist dagegen mithilfe von Lötstützpunkten völlig frei verdrahtet

Mit einer Röhre namens ECL 94S in der Hochpegelstufe gibt uns Keith Aschenbrenner vom Vertrieb Auditorium 23 schmunzelnd ein Rätsel auf. Genau, es handelt sich um die beiden Röhren im „Schaufenster“, ein Typ, von dem selbst gut informierte Röhrenkreise noch nie zuvor gehört haben. Die Gründe für das Versteckspiel sind einleuchtend: Spekulanten kaufen fast jede in Audiogeräten anzutreffende NOS-Röhre auf und treiben so die Preise in schwindelerregende Höhen. An sich relativ preisgünstige, weil noch in hinlänglichen Stückzahlen vorhandene Röhren verschwinden damit immer schneller vom Markt. Wir bleiben deshalb auch bei der ECL 94S, einer Verbundröhre, die in sich ein Trioden- und ein kräftiges Pentodensystem vereinigt. Damit ist eine gediegen muskulöse Line-Stufe machbar, übrigens ebenfalls nicht zwanghaft kurz im Signalweg. Am Ausgang verwendet Shindo hier einen riesigen Ölpapier-Kondensator, respektive zwei solcher Kapazitäten in einem Blechgehäuse. Und noch etwas: Vergoldete Kupfer- oder gar Messing-Cinchbuchsen sucht man am Monbrison vergebens. Seine Kontakte sind, wenn ich mich jetzt nicht irre, rhodiumplattiert und sehen entfernt so aus wie jene Buchsen, die man an vielen Top-HiFi-Geräten der 60er Jahre vorfand.

Endverstärker

Das Jahr 2006 sieht einen ganz anderen Cortese F2a als den wohl beleumundeten Vorgänger. Schon der bewies, dass nicht nur die 300B eine schöne Röhre darstellt, sondern auch die vielerorts unterschätzte F2a. Die Tetrode made by Siemens kann mit der unter Sammlern gerne gesehenen Banderole um den Sockel aufwarten, der anzeigt, dass es sich um ein Profiteil mit einzelner Seriennummer handelt, das ursprünglich für die Bundespost gedacht war. Heutzutage zählt die F2a bereits zu den teuren Sammlerstücken, für die entsprechende Preise fällig werden. Entstanden ist der F2a-Verstärker einst durch einen Vorschlag von Keith Aschenbrenner, der über einen „gewissen“ Vorrat der Post-Tetroden verfügte und Ken Shindo bat, doch die mit der 300B bestückte Cortese abzuwandeln. Heraus kam ein ganz erstaunlicher Verstärker, der wieder einmal bewies, dass sich Shindos Röhren-Know-how beileibe nicht an den geläufigen Röhrentypen abarbeitet oder sich gar daran erschöpft. Zumal die Single-Ended-Fans – zumindest jene, die nicht zur harten japanischen „Triodenszene“ zählten – nicht im Traum daran gedacht hatten, die vermeintlich problematischen Tetroden einzusetzen. Außerdem: Wie immer gilt der Prophet im eigenen Lande nichts. Die meisten deutschen Röhrenfans sind wie der Teufel hinter amerikanischen Röhrenschätzen her, während sich die US-Boys an Namen wie Siemens, Telefunken und Klangfilm ergötzen können.

Methoden III

Als die Röhrentechnik an sich schon in ihren letzten Zügen lag, entstanden im Hinblick auf die TV-Entwicklung auch noch moderne, sehr kompakte Gleichrichter, die trotz ihrer Winzigkeit deutlich mehr Leis­tung abliefern konnten als ihre dicken Ahnen (beispielsweise jene vom Typ 5U4, GZ34, 274B, 5Z3, nicht zu vergessen die ganzen deutschen RGN-Varianten). Den Gleichrichter vom Format einer ECC-Röhre montiert Shindo gleich unter dem Chassis der Cortese, die mit ihren 35 Zentimetern Breite als durchaus klein für einen Stereo-Röhrenendverstärker gelten darf. Trotzdem reicht der Platz für zwei Übertrager und einen großen Netztrafo in moderner Blechtechnik, alles völlig versteckt unter einer fest montierten Haube, die den hinteren Teil des Gehäuses bildet. Der Rest gehört einer Abdeckung, in deren Design sich das „Fenster“ des Vorverstärkers wiederholt, hier „residieren“ sichtbar die beiden F2a sowie zwei Trioden/Pentoden-Verbundröhren amerikanischer Herkunft. Deren Triodensystem bildet den Spannungsverstärker hinter den Cinchbuchsen der Cortese, die in bester Shindo-Tradition natürlich über ein hochohmiges Eingangspoti verfügt. Mit leichter lokaler Ge­genkopplung geht es via Kondensator weiter zum Pentodensystem, das – als Triode geschaltet – den Treiber für die F2a darstellt. Im Gegensatz zur früheren Version der Cor­tese ist ein auf einer Pentode basierender Anodenspannungsregler für die Eingangssektion nicht mehr vorzufinden, dafür aber jetzt eine relativ aufwendige Einstellmöglichkeit für das Schirmgitter der F2a, das normalerweise auf Betriebsspannung liegt. Die langlebige Leistungstetrode darf hier auch als Tetrode – und nicht etwa in Triodenbetrieb geschaltet – ihren Job machen, ergänzt von einer penibel abgestimmten Über-alles-Ge­genkopplung. Diese vorschnell als Klangverhinderer einzustufen, wäre freilich ein Riesenfehler: Wie so oft entscheiden hier viel eher Maß und Ziel.

Bleiben die Fragen nach dem Transistor unterm Chassis und den offenkundig absolut highendigen Fassungen der F2a. Für exotische Röhrenfassungen und damit auch für die neunpoligen Postfassungen der F2a gilt in Japan die Firma Yamamoto als erste Adresse; was hier in Teflon und mit vergoldeten Federkontakten zugeliefert wird, stellt erste Wahl dar. Der Transistor? Okay: Es gibt da einen kleinen Trick, um etwaige Störspannungen oder Rauschen in der Anoden­spannungsversorgung zu verhindern. Genau dazu dient der Transistor, der quasi als Siebglied zwischengeschaltet ist. Wer mehr wissen will, der beißt bei Shindo übrigens auf Granit: Gut informierte Kreise bestätigen, dass der Meister seine Schaltpläne aus­schließlich im Charakterkopf hortet und obendrein imstande sein soll, völlig „auswendig“ Verstärker zu bauen. Was nun das offenkundige Bauteilkonglomerat in der Cortese angeht, so finden wir hier wieder die von Shindo bekannten, so gegensätzlichen Verhältnisse vor. Denn was tut ein altertümlicher Mehrfach-Elektrolyt-Siebkondensator im Teamwork mit zwei modernen Netzteil-Elkos? Was haben hochmoderne Metallband-Leistungswiderstände neben Kohleschicht-Widerständen zu suchen? Was machen Kompakt-Elkos neben uralten Sprague-Folien? Und warum ist die Cortese trotz ihres „fliegend“ wirkenden Aufbaus völlig rausch- und brummfrei?

Therapie

Ich weiß: Jetzt erwarten Sie eine Klang­beschreibung. Eine genaue Schilderung, wie die Shindo-Kombi dies oder jenes macht, im Bass, in den Mitten, in den Höhen. Könnten wir nicht mal – fast ganz – darauf verzichten? Könnten wir, wie erwachsene Menschen, ganz ohne „Dynamik“, ohne „Räumlichkeit“, ohne „Pegelsprünge“, ohne „Klangfarben“ und ohne „Detailinformationen“ auskommen? Uns einfach nur unterhalten? Na los, springen Sie über Ihren Schatten. Es ist der erste Schritt zur Genesung. Der erste Schritt in die Freiheit. Und keine Angst: Sie können auch in Zukunft Kabel ausprobieren, Ton­abnehmer justieren oder Netzfilter an­schließen. Mit einem Unterschied: Sie tun es gelassen, zufrieden, stressfrei und völlig ohne Druck. Na? Ist das ein Vorschlag? Okay. Beginnen wir mit einer neuen Definition von HiFi. Das Equipment ist nicht um seiner selbst willen vorhanden. Es hat vielmehr die Aufgabe, möglichst völlig in den Hintergrund zu treten, sich quasi unsichtbar zu machen. Maßgebend ist nicht das, was Sie hören oder zu hören glauben. Maßgebend ist doch nicht, wie viele „Details“, wie viel „Höhen“ und wie viel „Raum“ Sie hören. Musik stellt doch nicht die Summe aus all den Schlagworten dar, die sich die HiFi-Industrie in vielen Jahren so schön ausgedacht hat. Maßgebend ist vielmehr Ihre eigene, ganz persönliche Befindlichkeit beim Musikhören. Sind Sie dabei eingeschlafen? Fühlten Sie sich berührt oder eingelullt? Gar gelangweilt? Waren Sie imstande, über Ihre Anlage etwa eine perfekt aufgenommene „audiophile“ Darbietung mit mäßigem mu­sikalischen Gehalt von einer alten, knis­ternden, höchst durchschnittlich verewigten Konserve mit hinreißender, großer Musik zu unterscheiden? Fühlten Sie sich wirklich angetan, mitgenommen, vielleicht sogar tief gerührt?

Darauf kommt es nämlich an. Das Wunder ist, dass ganz, ganz feines Equipment genau dies kann. Ein echter Ausnahmeverstärker „verstärkt“ nicht irgendwie „besser“, sondern ist dazu fähig, die Darbietung so auf den Zuhörer wirken zu lassen, dass der sich auf die Musik konzentriert, sie versteht, Gut und Schlecht klar zu unterscheiden vermag. Ein wirklich guter Verstärker ist ein guter Vermittler. Er ist keiner, der sich darauf konzentriert – oder dafür gebaut wurde –, noch linearer, noch präziser und noch detailreicher, noch dynamischer, noch transparenter zu sein. Ich selbst halte diese Ebene der Beurteilung nur für die halbe Wahrheit. Der Grad technischer Präzision ist mir wurscht, wenn ich dabei das Gefühl habe, dass einer dieser seelenlosen Lochkarten-Automaten die Mu­sik macht. Und selbst vermeintlich technisch perfekte Komponenten sind leider in der Lage, gute Musik auf das simple Übermitteln von Information zu reduzieren. Wohlgemerkt: Eine Wiedergabe auf einer Ebene weit darüber hat weder etwas mit Sound noch mit dem Zurückhalten von Informationen oder gar mit wissentlicher Verfälschung zu tun. Aber wenn Sie und ich, wenn wir beide mit Shindo-Komponenten hören würden, dann dürften Sie feststellen, dass unser Gespräch sich sehr schnell um Musik drehen würde, um diese oder jene Interpretation, um diese oder jene Aufnahme, um diesen oder jenen Dirigenten. Wir hätten auch etwas, was bei allem HiFi-Geschwätz so oft zu kurz kommt: einen Höllenspaß. Wie Ken Shindo es schafft, diesen Effekt in seine Geräte „hineinzubauen“, kann ich Ihnen nicht verraten. Vermutungen gibt es, ja. So scheint der Mann, nein, er muss dazu in der Lage sein, die Art und Weise, wie Musik auf ihn wirkt, mit seinem Verstärkerdesign absolut sicher in Beziehung zu setzen. Für meine Begriffe hat er damit eine ganz neue Ebene erschlossen. Denn er versteht es, diesen Effekt in völlig unterschiedliche Röhren und Schaltungen mit traumwandlerischer Sicherheit einfließen zu lassen. Wobei seine Verstärker auch formal, sprich: nach objektiven Kriterien beurteilt, auf der sicheren Seite liegen. Und natürlich auch die Erbsenzähler-HiFi-Kriterien – die, wie wir jetzt wissen, auf einer zu niedrigen Beurteilungsstufe angesiedelt sind – einhalten können. Also glauben Sie nicht, Sie ­hätten dann zu wenig „Raum“, zu wenig „Details“, zu wenig „Höhen“ oder zu wenig „Dynamik“. Sie haben, glauben Sie mir, von all dem mehr als genug. Also noch eine Erkenntnis: Ein wirklich guter Verstärker ist nicht nur ein guter Musikvermittler, sondern er muss auch noch verdammt viel wirklich richtig machen.

Röhrenverwandschaftlich betrachtet, zählt die F2a zur großen Familie der KT88/6550

Yamamoto in Japan liefert die schönen neunpoligen Teflon-Fassungen mit vergoldeten Kontakten zu

Der Transistor im Netzteil ist als Gyrator geschaltet und simuliert so eine Sieb-Induktivität

250-Kiloohm-Pegelregler am Eingang sind bei japanischen Endverstärkern Standard

Heilung

Jetzt sind wir einen großen Schritt weiter. Sie haben mit der Hilfe von Monbrison und Cortese aufgehört, sich Musikwiedergabe unter Verwendung üblicher HiFi-istischer Schlagworte zu erklären. Sie sezieren das Gehörte nicht mehr in winzige Bestandteile und überhören dabei das Wesentliche. Sie beurteilen einen Verstärker nicht mehr danach, was er mit der Musik zu machen scheint, sondern Sie hören sich wieder die Musik selbst an. Die Verstärker, um die es hier geht, sind in der Lage, Sie bei diesem Lernprozess zu unterstützen, ja sogar diesen Prozess überhaupt erst anzustoßen. Ganz nebenbei stellt man übrigens fest, dass man Musik wieder ganzheitlich empfindet, so, wie es viele Menschen automatisch tun. Wie lange es dauert? Keine Ahnung. Schwerere Fälle benötigten die grünen Medikamente ein paar Wochen. Anderen war dagegen nach zehn Minuten klar, was los ist. Ein Restrisiko darf ich Ihnen aber nicht verschweigen: Abhängigkeit.

Geräteinformation

Shindo Laboratory Monbrison

Eingänge: 1 x Phono MM, 1 x Phono MC, 1 x CD, 1 x FM, 1 x AUX, 1 x TV

Ausgang: 1 x Main Out

Besonderheiten: keine Fernbedienung, MC-Übertrager 0,2 mV/2-100 Ohm eingebaut

Röhrenbestückung: 2 x 5751, 2 x ECC82, 2 x ECL 94S, 2 x 6X4

Maße (B/H/T): 35/10/31 cm

Gewicht: 7,5 kg

Garantiezeit: 24 Monate

Preis: 7450 Euro

Shindo Laboratory Cortese F2a

Leistung: 10 Watt

Eingänge: 2 x Cinch

Ausgänge: 2 x Polklemme

Besonderheiten: Eintakt-Röhrenverstärker für Lautsprecher > 4 Ohm

Röhrenbestückung: 2 x F2a, 2 x 6AW8A, 1 x GLR

Maße (B/H/T): 35/17/26 cm

Gewicht: 12,5 kg

Garantiezeit: 24 Monate

Preis: 7450 Euro

Kontakt

www.auditorium23.de