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Dynavox DynaStation 1 und 2

Text von: Cai Brockmann

Was ist das hier eigentlich: Frankenstein-HiFi? Audiophile Mutprobe? Retro-Dingenskirchen? – Möglich scheint einfach alles. Doch wer zu viel nachdenkt, verpasst das Beste!

Wer Kinder ungebremst auf HiFi-Equipment loslässt, wird normalerweise nicht unter Chassisbruch oder Systemabsturz bestraft. Doch auch andersherum ist es interessant: Erwachsene, die sich an Kinderspielzeug versuchen, sind oft ein Garant für ungewollte Lachanfälle. (Oder für’s große Gähnen, je nachdem.)

Im konkreten Fall aber ist aus dem Zusammentreffen dieser beiden Welten eines der ungewöhnlichsten, mutigsten HiFi-Geräte des letzten Jahrzehnts entstanden: die DynaSta­tion.

Doch der Reihe nach.

Wir schreiben das Jahr 16 nach Einführung der CD, 1998. Roman Groß, bekennender Röhrenfan und Verstärkerentwickler, will „nur mal schnell“ eine CD hören, ganz privat und ohne große Umstände. Im häuslichen Wohnzimmer steht Equipment parat: Verstärker, Lautsprecher, Plattenspieler. Irgendwo ein Fernseher. Aber kein CD-Player. Da Roman Groß schlichtweg keine Lust hat, wegen dieser einen Silberscheibe extra zwei Etagen zur großen High-End-Anlage hinabzusteigen, greift er kurzerhand zur herumliegenden PlayStation seiner Kinder. Die soll, so hat er gehört, schließlich auch CDs abspielen können …

DynaStation 1

So kommt, was kommen muss (und keineswegs nur bei Roman Groß und seiner Firma Music Connection ein paar Verhältnisse zurechtrückt): die Entdeckung einer kleinen grauen Spielekonsole als ganz passabler CD-Spieler. Mehr noch, die PlayStation als verblüffend gut klingende Musikmaschine. So gut macht sie ihre Sache jedenfalls, dass sie schon bald neben dem audiophilen Nobelplayer im High-End-Keller auftaucht und diesen zum musikalischen Vergleich herausfordert. Und prompt sieht es nicht mehr allzu rosig aus für den digitalen Platzhirschen – übrigens ein großer Micromega für ein paar tausend Mark und eine feine Sache, wenn er denn läuft. Die kleine graue PlayStation kostet nur ein Bruchteil des renommierten Franzosen, schlägt sich aber höchst wacker, gibt sich aufreizend musikalisch, wirkt schon fast unanständig locker. In ihrer unscheinbaren Plastikhülle scheint ein Charmeur zu wohnen, der statt knackig-zackiger Datenakkuratesse voll auf Musik und Emotionen setzt. Das lässt dem irritiert-interessierten Entwickler natürlich keine Ruhe. Da könnte doch, da sollte doch, da wird doch noch mehr drin sein?!

DynaStation 2

Die zunächst untechnische Vermutung, dass eine PlayStation vielleicht deshalb so fröhlich und entspannt musiziert, weil sie durch das Abspielen einer Audio-CD nicht einmal ansatzweise gefordert wird, verfestigt sich und darf mittlerweile als gesichert gelten. Etwas derart Simples wie das Auslesen einer Audio-CD erledigt sie quasi mit links. Handelt es sich doch im Prinzip um einen ziemlich potenten Rechner, dessen 32-Bit-Hauptchip für datenintensive Videospiele ausgelegt ist und derart breitbandig arbeitet, dass er die Aufgaben des üblichen Digital/Analog-Wandlerchips eines normalen CD-Players mühelos übernimmt. Der Übergang von Einsen und Nullen in hörbare Analogsignale wird also nicht von spezieller Hardware, sondern von einem Software-Programm erledigt, das – ob nun absichtlich oder nicht – mit erstaunlichem musikalischem Talent gesegnet zu sein scheint.

DynaStation 1: In der Ausgangsstufe werkeln zwei EL34 in superschonender Triodenschaltung ...

... während als Gleichrichter eine GZ34 von Ruby Tubes – auch als „Tube Amp Doctor“ bekannt – glänzt

DynaStation 2: Die bereits als „sammelwürdig“ eingestufte Tungsram RENS1374d sorgt fürs Ausgangssignal

Auch die Doppelweg-Gleichrichterröhre RGN1064 stammt aus alten Neubeständen (New Old Stock)

Einzig die analoge Ausgangsstufe für den Ton erweist sich im HiFi-Umfeld als recht schwachbrüstig. Doch das kann man einer PlayStation wohl kaum vorwerfen. Gewinn wird in dieser Branche üblicherweise mit den Spielen selbst sowie tonnenweise Zubehör gemacht, das Basisgerät hingegen wird subventioniert. Da fällt eine ordentliche analoge Ausgangsstufe schnell dem Rotstift zum Opfer.

Exakt an dieser Stelle setzt Roman Groß probehalber den musikalischen Nachbrenner an – und trifft mit einer Röhren-Ausgangsstufe voll ins Schwarze. Direkt nach der D/A-Wandlung wird der Ton fortan kräftig auf­gepäppelt, um auch anspruchsvollste Elek­tronik mit unerschütterlicher Autorität anzusteuern. Und ein paar Wochen später gibt sich der erste Prototyp eines wirklich merkwürdigen CD-Spielers die Ehre. Im Teamwork mit Ulf Moning, seinem Kompagnon bei Music Connection, hat Groß eine PlayStation in ein Gehäuse implantiert, das noch genügend Platz für eine anständige Vorverstärkerschaltung – also Röhren, Röhren, Röhren – lässt. Eine adäquate Schaltung stammt in direkter Linie von einem hauseigenen Vorverstärker ab, nämlich ein bewährter, auf höchste Musikalität abgestimmter Anodenfolger aus der Musiqa-Serie von More Fidelity. Diese Turbostufe sorgt für den entscheidenden Kick des Players, sie stärkt den Klang, trimmt das musikalische Ergebnis weiter in Richtung Geschmeidigkeit und Emotion. Und auch der Name festigt sich in diesen Tagen: „DynaStation“ soll das Ding heißen, eine kleine, stilvolle Reminiszenz an den Signallieferanten.

Die Optik des allerersten Prototypen wirkt ziemlich obskur, geradezu bizarr. Seine Schöpfer nennen das hemdsärmelige Dampflok-Derivat zärtlich „Frankenstein-Design“ – warum auch nicht, schließlich ist die Maschine zu diesem Zeitpunkt ein rein privates Vergnügen. Eine Serienfertigung, und sei sie noch so klein, steht keineswegs zur Diskussion. Moning und Groß haben mit ihren Dynavox-Lautsprechern und More-Fidelity-Verstärkern genug zu tun. Zudem können sich die beiden Entwickler, auch wenn sie dem Unkonventionellen keineswegs abgeneigt sind, nur schwer vorstellen, dass ein CD-Player (überhaupt: ein CD-Player von Music Connection!) ohne Fernbedienung und ohne Display in nennenswerten Stückzahlen verkaufbar ist. Zwar verrät man scheuklappenfreien Szene-Leuten hinter vorgehaltener Hand, dass man mit der kleinen Konsole durchaus anständig Musik hören könne. Ansonsten aber hält man sich brav zurück, freut sich nur im privaten oder im engsten eingeweihten Kreis über das handgestrickte Privatstück.

Gleichwohl scheinen sich gewisse audiophile Qualitäten des grauen Kistchens auch anderswo herumzusprechen; schließlich ist nicht nur Music Connection experimentierfreudig. Das wird spätestens auf der High End 2000 in Frankfurt offensichtlich, als Keith Aschenbrenner vom Auditorium 23 neben der Platine Verdier eine PlayStation einsetzt. Damit ist die Diskussion quasi offiziell eröffnet und schon am ersten Messetag in vollem Gang. Die zahlreichen, teils heftigen Reaktionen reichen von totaler Ablehnung, Blasphemie- oder auch Veralberungsverdacht über eine grinsende Hab-ich’s-doch-gewusst-Haltung bis hin zu echter Verblüffung. Doch die positiven Stimmen überwiegen eindeutig. Es scheint also doch ein paar Musikfreunde zu geben, die Spaß am Ungewöhnlichen oder Exzentrischen haben, die weder Display noch Fernbedienung vermissen. Motto: „Hat mein Plattenspieler ja auch nicht.“

Den entscheidenden Anstoß für eine Serienfertigung der DynaStation gibt aber ausgerechnet ein Hornlautsprecher. Im Rahmen eines Tests der Dynavox 3.2 (image hifi Nr. 41) wagt der Autor einen Seitenblick auf die komplexe Klangwelt des Herstellers. Und dort ist neben schweren Motorrädern und gigantischen Schallmöbeln auch der private Player-Prototyp zu sehen. Die Resonanz der Leserschaft ist überraschend groß und keineswegs auf den Lautsprecher fixiert: Ein Großteil der Anrufer will Informationen über das Ding – wann, wo, wie teuer? Ein paar ganz Mutige bestellen bei Music Connection sogar blind! Damit ist die erste Kleinserie eines wirklich ungewöhnlichen CD-Players beschlossene Sache. DynaSta­tion, released by public demand.

Vor dem ersten öffentlichen Auftritt muss Freund Frankenstein aber noch feingetrimmt und gebügelt werden. Auch wird der designierte Nachfolger der ursprünglich verwendeten PlayStation, die PSone, eingebaut. Die ist deutlich kleiner, klingt aber de facto ebenso gut. (Was man von der in jenen Tagen ebenfalls präsentierten, größeren DVD-Maschine PS2 keineswegs behaupten kann. Mehr Infos zu diesen Themen vom Kollegen „Leberecht Klangtreu“ in image hifi Nr. 53 und 59) Optisch und haptisch unverwech­selbar, ist die DynaStation sogar dazu bestimmt, eine neue Gerätelinie von Dynavox einzuläuten. Schon bald folgen der Digitalquelle passende Vor- und Endverstärker namens DynaControl und DynaWatt. Besondere Merkmale der neuen Serie: offensiv historisierende Technik im Stil der dreißiger, vierziger Jahre (soweit das mit der CD überhaupt machbar ist). Bedienungselemente, Röhren und größere Bauteile sind auf der hellgrau lackierten Oberseite untergebracht, umgeben von einem Holzrahmen in dunklerem Grau.

Schon die DynaStation strotzt vor handfes­ter Mechanik. So wird etwa ihre Laufwerksabdeckung aus einer dicken Aluminiumplatte per CNC-Maschine herausgefräst. Der massive Deckel schwenkt selbstverständlich nicht silikonbedämpft – und erst recht nicht per Motorkraft – nach unten oder oben, sondern wird ganz einfach manuell bedient. In geöffnetem Zustand lehnt der Deckel rücklings an der überdimensionierten Trafohaube, die CD wird sodann mit sanftem Nachdruck auf der Spindel fixiert oder dank eines Ausschnitts in der Topplatte bequem von deren Federmechanismus gepflückt. Übrigens: Beim Schließen des Deckels heißt es festhalten, sonst knallt der Massivling geräuschvoll auf die drei Millimeter starke Topplatte aus Aluminium. Das macht zwar dem Spieler nichts aus, ist aber peinlich. Immerhin, ein solcher Fauxpas sorgt für erheblich mehr Respekt, als wenn die CD in einer windigen Schublade rein- und rausrasselt.

Solide Kippschalter steuern die Basisfunktionen des Players – eine wahre Wohltat gegenüber der gummierten Plastik-Operette einer typischen Fernbedienung, ganz zu schweigen vom drahtgebundenen „analog shock controller“ einer PSone. Einer der vier Schalter für die Laufwerkssteuerung funktioniert dabei etwas anders als üblich – oder kennen Sie noch einen anderen CD-Player mit feststellbarem Vor- und Rücklauf? Dieses Feature, bei der Suche innerhalb längerer Tracks ja durchaus praktisch, kann bisweilen irritierend sein. Denn ist beim Einlesen einer CD zufälligerweise der Schalter aktiviert, so wird ein folgender Play-Befehl vom Laufwerk einfach ignoriert. Steht der Kippling aber (wieder) in neutraler Mittelstellung, läuft alles wie geschmiert. Spätestens nach dem zweiten Stirnkräuseln hat sich der Benutzer diese Spezialität gemerkt.

Überhaupt: der Einlesevorgang. Die DynaStation braucht etwa fünf bis sieben Sekunden, um eine Audio-CD einzulesen, und quittiert das Ende des Vorgangs mit einem leisen mechanischen Surrgeräusch. In dieser Zeit nimmt sie keine Befehle an, da ist also Abwarten angesagt. Ich bringe das nötige Quäntchen Geduld mittlerweile immer entspannter auf. Vor allem, nachdem mich das unglaubliche Schneckentempo einiger High-End-Maschinen – durchweg SACD-, DVD-A- oder Multiplayer aus den renommiertes­ten Häusern – schon mehrfach fast zur Weißglut getrieben hat. Zudem weigert sich so mancher Edelspieler, eine ordinäre CD überhaupt anzunehmen. Häufig reicht schon ein kleines Kratzerchen oder ein ohnehin ärgerlicher Kopierschutz für eine flotte Arbeitsverweigerung. Na ja, flott? Selbst eine enttäuschende Info erscheint erst nach einer halben Ewigkeit auf dem Display …

Die DynaStation verzichtet konsequent auf beides: auf Mimosenhaftigkeit und aufs Display. Sie vertraut auf einen wachen Benutzer und spielt ohne Murren einfach alles, was im „normalen“ Sinne dem festgeschriebenen Standard entspricht, also Audio-CDs, deren bespielbare R- und RW-Schwestern sowie SACD-Hybride mit CD-Layer. Das MP3-Format hingegen, ohnehin nicht gerade erste Wahl unter Klanggourmets, kennt sie nicht. Braves Kind. Im Gegenzug meistert sie Titelsprünge mit affenartigem Tempo. Wer ein paar Titel zurückskippen will, braucht da schon einen ziemlich flinken Finger, um nicht frech vom Laufwerk eingeholt zu werden. Vorwärts hingegen ist es einfacher: zählen, skippen, Musik ab!

So ungewohnt die DynaStation auf den ersten Blick auch erscheinen mag: Grundsätzlich vermittelt sie ein wohltuendes, angenehm geerdetes Gefühl. Ähnlichkeiten zu einem wirklich guten Plattenspieler sind zweifellos erkennbar – und von Dynavox auch so gewollt. Mensch und Maschine begegnen sich mit Respekt und einer gesunden Portion Ernsthaftigkeit, allein schon, um nix kaputtzumachen: hier die Röhren, dort Tonabnehmer und Filigranmechanik. Und als Belohnung lockt in beiden Fällen eine unerhörte Menge Musik.

Das Signal wird über zwei Cinchbuchsen ausgegeben, die direkt hinter den Ausgangsröhren nach oben zeigen. Einen Digitalausgang gibt es nicht, der hätte ohnehin nicht zum kompromisslosen Konzept gepasst. Wie konsequent der Player tatsächlich auf Mu­sikalität getrimmt ist, wird übrigens daran sichtbar, dass selbst für die Gleichrichtung Röhrentechnik eingesetzt wird. Im konkreten Fall ist das eine GZ34 von Ruby Tubes, auch bekannt als „Tube Amp Doctor“. Aus rein technischer Sicht hätte es zur Gleichrichtung eine erheblich schlichtere, vor allem röhrenlose Lösung getan. Doch was sich an dieser Stelle mit dem richtigen Kolben klanglich noch herausholen lässt, so Groß und Moning unisono, rechtfertige den enormen Aufwand allemal.

Nettes Detail: Der schwere Deckel aus massivem Alu verfügt über zwei seitliche Griffmulden

Dennoch haben es die beiden geschafft, mit der DynaStation (deren Grundmodell mittlerweile als „1“ bezeichnet wird und von der hier in erster Linie die Rede ist) ein akzeptables Preislimit nicht zu überschreiten. Was zum Beispiel auch die ungewöhnliche Röhrenapplikation im Ausgang erklärt. Dort sitzt ein Glaskolben, der noch sehr, sehr lange in erheblichen Stückzahlen zu bekommen sein wird, völlig problemlos und dementsprechend günstig ist – eine echte Volksröhre, die EL34. Das ist allerdings eine ausgewachsene Leistungsröhre, die normalerweise einige erkleckliche Watt zum Antrieb eines Lautsprechers bereitstellt. In der DynaSta­tion jedoch wird sie lediglich mit 70 Volt betrieben, einem Bruchteil der sonst üblichen Versorgungsspannung von bis zu 800 Volt. Die millionenfach bewährte EL34 genießt in der DynaStation also ein superentspanntes Dasein, läuft hier quasi im Standgas, hat jederzeit mehr als genug Power in der Hinterhand und liefert Musik, Musik, Musik ohne jeden Stress. Das ist nicht nur der Klang­entfaltung, sondern auch der Lebensdauer der Röhre zuträglich. In der Bedienungsanleitung spricht Dynavox von einem problemlosen Einsatz von fünf Jahren bei einer Spieldauer von täglich drei Stunden; in der Praxis könnte dieser eher vorsichtige Wert – etwa 5500 Stunden – aber noch locker übertroffen werden.

Angenehm unaufgeregt kommen auch andere Konstruktionsdetails des Players daher, das Netzkabel zum Beispiel. Ja, es ist fest angenabelt. Nein, ein Aufrüsten mittels teurer Exklusiv-Netzstrippe lohnt nicht (sofern eine Tuning-Maßnahme noch in irgendeiner Form bezahlbar sein soll). Warum auch? Das verwendete Netzkabel ist nicht irgendein beliebiges, sondern in diesem Umfeld schlichtweg das beste für vernünftiges Geld, von Music Connection nach etlichen Versuchen mit einer ganzen Reihe Probanden ausgewählt. Ganz ähnlich sollte man die Praxisqualitäten der schlichten halbrunden Gummifüße einschätzen. Sie sind der beste, weil voll alltagstaugliche Kompromiss, um den Player auch auf akustisch schlechten Stellflächen klanglich vorteilhaft betreiben zu können. Wobei das Ausprobieren von Spezialfüßen und Stellflächen natürlich viel einfacher zu bewerkstelligen ist, als eine alternative Netzstrippe auszuprobieren.

Ich persönlich glaube allerdings, dass die meisten DynaStation-Benutzer bei derlei Dingen in recht kurzer Zeit abwinken werden. Eine typisch highendige, bisweilen ätherisch-verklärende Herangehensweise passt ganz einfach nicht zu dieser erdigen Musikmaschine. Meine Prognose: Hat man sich erst einmal an den Charakter des Players gewöhnt, der aus purem Musikgenuss zu bestehen scheint, so überträgt sich das früher oder später auch auf den Benutzer. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass mich audiophile Tuning-Optionen noch nie weniger interessiert haben als mit der DynaSta­tion. Sollte ich etwa Stunden darauf verwenden, Füße, Filter oder Finessen auszuprobieren? Wenn ich in der gleichen Zeit auch ohne große Umstände einfach Musik genießen kann? – Nöö. Tweaks und Tricks wende ich lieber bei Gerätschaften an, bei denen das wirklich einen Sprung nach vorn bedeuten könnte. Die DynaStation jedenfalls ruht völlig in sich. Sie funktioniert, klingt und spielt auch schon im Serienzustand einfach „richtig“. Sehr sympathisch.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es gibt immer diverse Möglichkeiten, den Klang einer Komponente in eine bestimmte Richtung zu trimmen, das gilt selbstverständlich auch für die DynaStation. Die Frage aber ist, ob sich der Aufwand wirklich lohnt. Oder überhaupt nötig ist. Mein Tipp: die DynaStation vernünftig positionieren, die Röhren richtig herum einstecken, einschalten und Musik hören. So geht’s voran. Vielleicht ist ja noch das einzig mögliche Extra an Bord – ein Ausgangspegelregler mit markantem Drehknopf für schlanke 25 Euro –, dann sollte noch ein bisschen genauer auf die Eingangsimpedanz der nachfolgenden Komponente geachtet werden. Am Eingang des anzu­schließenden Verstärkers – das darf mit dem regelbaren Ausgang auch eine Endstufe sein – sollten mindestens 47 Kiloohm anstehen, dann ist alles in Ordnung.

Typisch Dynavox: zweifarbiger Nextellack und griffige Bedienung. Via Pegelregler sind Endstufen direkt ansteuerbar

Hier wartet unverkennbar eine PSone auf Datenfutter. Die Ausfräsung rechts erleichtert das Entfernen der CD

Was sodann mit der CD-Sammlung, vor allem aber mit einem bereits vorhandenen, gern auch sehr viel teureren Player passiert, hängt unmittelbar von der Offenheit des DynaStation-Benutzers ab. Allerdings: Eine schnöde Strichliste mit lauter Einzeldisziplinen, die womöglich auch die Anzahl von Knöpfchen und Ausstattungsmerkmalen berücksichtigt, bringt niemals ein schlüssiges Ergebnis hervor. Verführung, auch musikalische, funktioniert nun mal subtiler als simples Zusammenzählen von Punkten, ist mehr als die dritte Stelle hinterm Komma.

Verführung ist tatsächlich ein zentrales – wenn nicht das zentrale – Thema, um das es sich bei der DynaStation dreht. Mich hat sie jedenfalls im Nu um den Finger gewickelt. Mit einem sagenhaft sicheren Rhythmusgespür, mit fast schon greifbarer, vitaler, essenzieller Energie. Dazu kommt eine ausgeprägte klangliche Homogenität, die alle CDs erfasst, nicht nur die perfekt produzierten – mit dem Vermögen also, exzellente Scheiben exzellent erklingen zu lassen, schlechte aber nicht gnadenlos in den Abgrund fallen zu lassen, sondern wenigstens das vorhandene Potenzial optimal zu präsentieren. Was ganz nebenbei dazu führt, endlich einmal CDs – und klingen sie noch so mäßig – ohne Anstrengung oder gar Missmut am Stück durchzuhören. Eine höchst willkommene Sache, die mit dem Aufkommen der Silberscheibe und einer praktisch hundertpro­zentigen Fernbedienungs-Zwangsversorgung immer weiter ins Abseits geraten ist. Motto: Das Intro gefällt mir nicht! – Skip! – War dieser Titel nicht irgendwie schräg? – Skip! – Wo ist denn nur der Hit vom letzten Jahr? – Skip! – Ach, überspringen wir heute mal die Ouvertüre – Skip …

Wenn wir ehrlich sind, fällt es mit einem anständigen Plattenspieler viel leichter als mit praktisch jedem CD-Player, ein komplettes Album von A bis Z durchzuhören. Und das hat nur wenig mit der sportlichen Betätigung zu tun, die sich nach spätestens 20, 25 Minuten durch die Auslaufzone des Vinyls ergibt. Man könnte die LP ja auch einfach wieder zurück in die Hülle befördern, anstatt die Scheibe umzudrehen und Seite B zu hören. Nein, es ist offensichtlich eine Sache des musikalischen Flusses, der integrativen Spannung, die ein Plattenspieler sehr wohl, ein üblicher CD-Player aber eher nicht aufrechterhalten kann. Dieses enorme Talent der DynaStation, dieser energetische, musikalisch spannende Zusammenhalt, wird nur allzu oft viel zu gering geschätzt, weggefegt mit dem vermeintlichen Vorteil, dafür aber auch das allerkleinste Detail, das da ganz hinten unter der vorletzten Deckentraverse hängt (und nichts, aber auch gar nichts mit der Musik zu tun hat) voll auszuleuchten. Danke bestens, da lasse ich mich doch lieber vom organisch organisierten, fein fokussierten Bühnengeschehen einer DynaStation verführen!

Sollte bis hierhin der Eindruck entstanden sein, die DynaStation sei prinzipiell und überhaupt der beste CD-Spieler der Welt, so ist das richtig. Und falsch zugleich. Dieses grau-in-graue Ding ist in der Tat eine der besten, musikalisch richtigsten, emotional mitreißendsten Maschinen, die ich jemals gehört habe, übrigens unabhängig vom moderaten Preis. Einspruch mag nur erheben, wer „Schallereignisse“ auch sonst in Einzeldisziplinen erfasst. Und notorische Anti-Digitalisten werden aus Verzweiflung – und weil das supersparsame Outsidertum seinen Reiz ausübt? – auch weiterhin zur PlayStation/PSone greifen. Geht es aber um eine wirklich innige Verbindung von Schmelz und Kraft, Geschmeidigkeit und dynamischer Beweglichkeit, von Energie und Emotion, so kenne ich die DynaStation – und darüber hinaus lange Zeit nichts. Sie ist ein echter musikalischer Glücksgriff, immer noch eine beeindruckende, mutige Ansage, was nach ein paar Jahren im Digitalsektor, wo die Uhren dreimal so schnell ticken, besonderes Lob verdient.

In ihrer Gesamtheit noch bessere Spieler als die DynaStation (doch, doch, die gibt es sehr wohl – ich bin vielleicht verliebt, aber nicht taub!) kosten in der Regel ein Mehrfaches, nicht selten gar das Zigfache. Es sei denn, man bleibt in der Familie und leistet sich die Luxusversion mit der „2“ im Namen. Die DynaStation 2 kann nämlich alles, womit sich Nummer 1 in die Herzen spielt, noch ein bisschen besser. Vielleicht auch entscheidend besser? Das hängt, wie immer, von Erwartung und Kontostand des Hörers, aber auch von den Fähigkeiten der nachfolgenden Anlage ab. Der Grundcharakter der DynaStation 2 entspricht jedenfalls exakt dem ihrer kleinen Schwester – kein Wunder, ist doch die Ausgangsbasis bei beiden Modellen identisch. Die Röhrenbestückung der Zweier allerdings, und damit auch Schaltung und Dimensionierung der Bauteile, fällt deutlich exklusiver aus. Zur Gleichrichtung verwendet die DynaStation 2 beispielsweise eine RGN1064, ihre Ausgangsstufe ist mit zwei RENS1374d bestückt. Alle Röhren stammen von Tungsram und selbstverständlich aus NOS-Beständen, beide Typen werden unter Kennern längst als sammelwürdig eingestuft.

Wer allerdings glaubt, mal eben von der Einser-Version auf die Zweier aufrüsten zu können, indem er einfach die Röhren tauscht oder höchstens ein bisschen hin- und herlötet (sowieso verboten!), sieht sich plötzlich mit einer komplexen Differenz im Innenleben der beiden Modelle konfrontiert. So einfach geht’s dann also doch nicht, liebe Lötfreunde, es steckt mehr dahinter, als zunächst vermutet. Aus diesem Grund bietet Dynavox ein komplettes Upgrade ab Werk an, für 1200 Euro. Angesichts der tadellosen Arbeit, der verwendeten Bauteile und des wirklich beträchtlichen Zeitaufwands ein faires Angebot.

Aber wie klingt sie denn nun, die DynaStation 2?

Tja, zunächst wirkt die Zweier ein wenig unspektakulärer als die Einser, bisweilen sogar zurückhaltender. Doch dann stellt sich heraus, dass die große Version nochmals runder und vollmundiger als Nummer 1 spielt. Kurzum: Die DynaStation 2 ist die schlüssige, weil breitbandige, umfassende Verfeinerung der grandiosen Ursprungsidee, wie sie die DynaStation 1 verkörpert. Die Zweier ist musikalisch noch involvierender, lässt Klangfarben noch schöner leuchten, stellt Stimmen noch überzeugender dar. Es ist kein Problem, mit der Zweier noch tiefer – und länger! – in die CD-Sammlung ein- und abzutauchen, auf Schatzjagd zu gehen. Allein in puncto Rhythmus und Groove kann ich zwischen beiden Schwestern keinen spürbaren Unterschied ausmachen, da ist die eine so sensationell sicher wie die andere.

Ich wette, das kann Ihr Plattenspieler auch nicht besser!

Geräteinformation

Formate: CD, CD-R, CD-RW

Röhrenbestückung: GZ34, 2 x EL34 (DynaStation 1); Tungsram RGN1064, 2 x Tungsram RENS1374d (DynaStation 2)

Besonderheiten: keine Fernbedienung, kein Display, kein Digitalausgang; optional regelbarer Ausgang (25 Euro Aufpreis); Umbau von DynaStation 1 auf DynaStation 2 möglich (1200 Euro)

Maße (B/H/T): 44/25/38 cm

Gewicht: 8 kg

Garantiezeit: 24 Monate, Röhren 6 Monate

Preise: 1500 Euro (DynaStation 1); 2500 Euro (DynaStation 2)

Kontakt

www.musicconnection.de